Zu einer Traumatisierung kommt es, wenn ein Ereignis so belastend oder überwältigend war/ist, dass es die psychische und/oder physische Belastungsgrenze eines Menschen übersteigt und vom Körper und der Psyche nicht mehr verarbeitet und integriert werden kann. Ob es zu einer Traumatisierung kommt, hängt u.a. von der persönlichen Konstitution und vor allem von den inneren und äußeren Ressourcen ab.
Ein Trauma betrifft den gesamten Körper. Neurologisch gesehen, ist eine Traumatisierung eine chronische Übererregung des sympathischen Nervensystems und/oder Übererregung des parasympathischen Nervensystems („shutdown“).
Unfälle, der Tod eines nahen Angehörigen oder eines (ungeborenen) Kindes, Naturkatastrophen, medizinische Eingriffe, Mobbing u.a.m. können als „überwältigend“ erlebt werden. Vor allem das Erfahren oder Beobachten von Gewalt, emotionalem und sexuellem Missbrauch oder auch belastende Lebensumstände, die einfach „zu viel“ und/oder über lange Zeiträume „zu schmerzhaft“ sind, können traumatische Reaktionen verursachen. Auch medizinische Diagnosen wie Krebs oder andere schwerwiegende Erkrankungen können ähnliche Anzeichen zur Folge haben. Durch den Stress kommt es zu einer „Überflutung“ des Nervensystems.
Nicht immer wird ein direkter Zusammenhang zwischen den Symptomen und einem traumatisierenden Ereignis hergestellt, die Ursache wurde „vergessen“ oder liegt Jahre zurück.
Manchmal wirken Stresserfahrungen aus der Kindheit nach, an die wir uns nicht einmal mehr erinnern können und die trotzdem mit einem hohen Leidensdruck und tiefgreifenden Folgen im Erwachsenenleben einhergehen.
Auch Stressfaktoren in der Schwangerschaft können Auswirkungen auf die weitere Entwicklung und auf unser späteres Denken und Fühlen haben.
Es ist anzunehmen, dass traumatische Erfahrungen in der Baby- und Kleinkindzeit (z.B. Vernachlässigung, Gewalt) sehr umfassende Auswirkungen auf den Organismus haben und somatisch und emotional spürbar sind. Gründe dafür sind die Abhängigkeit des Kindes, die Vulnerabilität des jungen Organismus und die noch kaum vorhandenen Bewältigungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten.
Durch eine psychische Traumatisierung kann die Informationsverarbeitung im Gehirn beeinflusst werden. Unter anderem kann dadurch die bewusste Erinnerung an das traumatische Ereignis beeinträchtigt sein, aber bei bestimmten Reizen (Trigger) unwillkürlich zu Überreaktionen oder Flashbacks führen.
Als Reaktion auf ein Trauma können Gefühle der Hilflosigkeit und Furcht, Angstzustände, Unruhe, Hyperaktivität („ich muss immer was tun …“), Schlafstörungen, Albträume, Überwachsamkeit in Bezug auf mögliche Gefahren, eingeschränkte Gefühle (sich wie eingefroren fühlen, Taubheitsgefühle, depressive Stimmungen), eingeschränkte Interessen, Verlust von Freude an zuvor interessanten Dingen („das Leben geht an mir vorbei ...“), Vermeidung von Gefühlen, Gedanken und Orten, die mit dem Trauma in Verbindung stehen, erhöhte Reizbarkeit und abrupte Stimmungsschwankungen, Scham oder Schuldgefühle und vieles mehr auftreten.
Komplexe Traumafolgen, die durch frühe bzw. lang andauernde Traumatisierungen oder planvolle Gewalt entstehen, können die Ausbildung komplexer innerer Welten und dissoziativer Strukturen zur Folge haben.